Digitale Verwaltung in Bayern – Eine Übersicht

Wir können inzwischen nahezu alles von der Couch zuhause aus erledigen. Egal ob arbeiten, shopping, soziale Kontakte pflegen, Krankschreibungen holen oder den neuesten Blockbuster anschauen. Die Digitalisierung macht all das möglich. Was wir jedoch auch im Jahr 2022 immer noch nicht von zuhause aus machen können: einen neuen Personalausweis beantragen, die Meldeadresse ändern oder das Haustier anmelden. Wir hinken hinterher, wenn es um die digitale Verwaltung in Bayern geht. Um zukunftsfähig zu sein, müssen wir jetzt handeln.

Warum braucht es eine digitale Verwaltung?

Neben den offensichtlichsten Vorteilen, wie Zeitersparnis und mehr Bequemlichkeit, steckt in der Verwaltungsdigitalisierung auch ein enormer wirtschaftlicher Mehrwert. Nach Schätzungen des Normenkontrollrats könnten durch Effizienzgewinne und Einsparungen im Rahmen der Verwaltungsdigitalisierung bis zu 3 Milliarden bundesweit eingespart werden[1], welche wiederum für u.a. Investitionen in die Digitalisierung des Bildungssystems genutzt werden könnten. Darüber hinaus geht eine Digitalisierung der Verwaltung mit Effizienzgewinnen einher, welche dem Personalmangel in der Verwaltung entgegenwirken würden.

Es hängt jedoch ein ganzer Rattenschwanz an der Verwaltungsdigitalisierung, angefangen beim Breitbandausbau. Denn sowohl die Behörden selbst als auch die Bürger*innen brauchen eine schnelle und stabile Internetverbindung damit Verwaltungsleistungen online angeboten und ausgefüllt werden können. Darüber hinaus bedeutet digitale Verwaltung nicht nur, dass Verwaltungsprozesse 1:1 digitalisiert und eine Papierakte einfach nur eingescannt und danach digital verwaltet wird. Digitale Verwaltung heißt auch, dass verwaltungsinterne Vorgänge umstrukturiert und auf digitale Prozesse angepasst werden müssen. Das wiederum erfordert jedoch auch, dass die Mitarbeiter*innen entsprechend einbezogen und geschult werden und das IT-Personal aufgestockt wird. Dabei liegt die Schwierigkeit auch darin, dass IT-Fachkräfte nicht unbedingt in einer Verwaltung arbeiten wollen, da sie in der freien Wirtschaft mehr verdienen und kreativer arbeiten können.

Open Data und Open Government

Die Verwaltungsdigitalisierung bietet außerdem auch die große Chance, mit einer digitalen Verwaltung auch eine transparente und offene Verwaltung zu etablieren. Leider wird diese Chance von der CSU bisher nicht genutzt.

Bayern ist dabei eines von gerade mal zwei Bundesländern in Deutschland, neben Niedersachsen, ohne ein Informationsfreiheits- oder Transparenzgesetz. Wie sich das mit dem Selbstverständnis der CSU verträgt, das Bayern unter ihrer Führung immer und überall die ersten und besten sind, konnte mir auch noch niemand erklären.

Dabei geht es beim Thema transparente Verwaltung und offene Verwaltungsdaten nicht nur darum, dass wirtschaftliche Potentiale zu nutzen. Es geht auch darum, dass die Verwaltung dadurch effizienter arbeitet und Vorurteile über die Verwaltung, von denen es mehr als genug gibt, abgebaut werden. Denn wenn Bürger*innen transparent nachverfolgen können, wie eine Behörde arbeitet und warum sie so arbeitet, wird dadurch auch das Verständnis wachsen oder die Anzahl konstruktiver Verbesserungsideen.

Wie steht es um Bayern?

Doch wie steht es generell um die Verwaltungsdigitalisierung in Bayern? Das ist eine sehr berechtigte und dennoch, allen voran für die Staatsregierung, erstaunlich oft schwer zu beantwortende Frage. Befragt man externe Stelle, wie den eGovernment Monitor 2022, ist die Sache ziemlich eindeutig. Dieser sieht Bayern sowohl bei Auffindbarkeit und Nutzung von digitalen Verwaltungsleistungen als auch bei der Zufriedenheit der Bürger*innen mit diesen im Mittelfeld. Damit hat der eGovernment Monitor einen weit besseren Überblick über den Stand der Digitalisierung der bayerischen Verwaltung als die Staatsregierung. Diese verweist immer wieder darauf, dass es zu verschiedenen Aspekten wie der Implementierung von verschlüsselter digitaler Kommunikation, ePayment-Services oder IT-Sicherheitsmaßnahmen in den Kommunen keinerlei Daten und damit auch Wissen hat. Dasselbe gilt auch für die Fortschritte Bayerns bei der OZG-Umsetzung 2021 (eine ausführlicheren Bericht dazu findet ihr hier) oder der Bereitstellung von Open-Data durch die Kommunen. Generell kristallisiert sich beim Durchlesen der Antworten der Staatsregierung auf meine Anfragen immer mehr das Bild heraus, dass aus Ihrer Sicht im Zweifel die Kommunen zwar die Verantwortung tragen, und damit indirekt als Sündenbock für die schlechte digitale Verwaltung in Bayern herhalten müssen, gleichzeitig jedoch auch kaum Unterstützung von der Staatsregierung erhalten (siehe dazu die Antworten zu meinen Anfragen zu den Themen Open Data, Nachnutzung von Pilotprojekten und dem Umsetzungsstand des OZG).

Erstaunlich, dass sich die Staatsregierung trotz dieser enormen Unwissenheit in vielen Bereichen und der Nachgewiesenen Mittelmäßigkeit in denen es Daten gibt, sie trotzdem im Zweifel keinerlei Verbesserungsbedarf sieht und alles komplett nach Plan läuft.

Und was jetzt?

Doch es gilt auch hier, dass meckern allein uns nicht weiterbringt. Auch wenn das Thema digitale Verwaltung komplex ist, ist das keine Entschuldigung für die Untätigkeit der Staatsregierung. Denn wie in vielen anderen Bereichen gibt es beim eGovernment genügend Punkte, an denen man ansetzen kann, um die Digitalisierung der Verwaltung voranzutreiben. Je länger damit gewartet wird, das Thema konsequent anzugehen, desto teurer kommt es uns als Gesellschaft das Verpasste aufzuholen[2].

Ein wichtiger Ansatzpunkt, welchen ich auch gerne wiederhole, ist eine bessere Unterstützung der Kommunen bei der Digitalisierung ihrer Verwaltung. Denn auf die Kommunen kommt es an, ob die Verwaltungsdigitalisierung in Bayern gelingt. Dennoch bekommen gerade kleine Kommunen immer noch viel zu wenig Unterstützung von der Staatsregierung, sowohl finanziell als auch personell. Deshalb braucht es dringend eine Aufstockung des Förderprogramms Digitales Rathaus und Chefdigitalots*innen in jedem Landratsamt.

Doch neben der Unterstützung für die Kommunen braucht es auch klare gesetzliche Leitplanken. So muss jede*r Bürger*in einen Anspruch auf Zugang zu Verwaltungsdaten und auf barrierefreie digitale Verwaltungsdienste bekommen.


[1] https://www.normenkontrollrat.bund.de/resource/blob/300864/753828/8defe142de7cd9d8cf5732b3258ced4c/2015-11-12-gutachten-egov-2015-data.pdf?download=1

[2] https://netzpolitik.org/2022/degitalisierung-stille-warnungen-und-teure-erfolge/

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